Kampf der Platzhirsche im Branchenwandel

Immer neue und immer mehr Unternehmen der Augenoptik versuchen sich im Online-Handel einzunisten und zu etablieren. Sie setzen dabei auf einen immer noch stetig wachsenden Markt: Im Geschäft des Besser-Sehens werden derzeit jährlich knapp sechs Milliarden Euro umgesetzt. Zudem verspricht die insgesamt alternde Gesellschaft auch in Zukunft sehr gute Wachstumsperspektiven beim Verkauf von Brillen, Brillengläsern, Gestellen und Zubehör.

Dabei ist die Reichweite im Internet noch massiv ausbaufähig – der Online-Handel kommt bislang auf gerade einmal einen sehr niedrigen einstelligen Prozentbereich am gesamten Branchenumsatz. Der rasante Wandel hin zur Digitalisierung mitsamt veränderten Konsumentenverhalten aus anderen Wirtschaftsbereichen hat die Optikbranche bisher zumindest nur gestreift und (noch) nicht nachhaltig verändert.

Dies beruht unter anderem auf dem hohen Serviceanteil, den so in vollem Umfang nur ein stationärer Optiker vor Ort zu leisten imstande ist. Das Vorgespräch mit dem Kunden, die umfassende Beratung, die Anpassung der Brille und eine eventuelle Nachjustierung sind nur persönlich möglich und beim Kauf per Onlinebestellung nicht gegeben.

Hier wird nahezu alles über den gebotenen Preisvorteil geregelt, zudem verschicken Online-Optiker häufig mehrere Exemplare zum Kunden, was wiederum vermehrten Aufwand und erhöhte Kosten, etwa für Retouren, bedeutet. Daher beginnen mittlerweile auch bisher reine Online-Händler wie MISTER SPEX eigene sogenannte „Offline-Stores“, also Läden vor Ort, zu eröffnen.

Die großen und etablierten Filialisten wie FIELMANN oder Anbieter mit einem Mix aus selbstgeführten Geschäften und Franchisenehmern wie APOLLO bauen ihre Onlineangebote weiter aus, auch wenn sie aufgrund ihrer immensen Marktmacht von den reinen Online-Anbietern auch langfristig wohl nur wenig zu befürchten haben. Analysten gehen von einem möglichen Absatz-Marktanteil der Online-Brillenversender von ungefähr zehn Prozent aus – das Bedrohungspotential für die Marktführer ist also äußerst gering.

Fielmann

Die im Börsenindex MDAX notierte Fielmann AG gilt bei der Augenoptik für Verbraucher als europaweiter Marktführer. In Deutschland erzielte das Unternehmen im Jahre 2016 einen Marktanteil am Umsatz von 21 Prozent und konnte in Europa mit insgesamt über 700 Niederlassungen und fast 18.000 Mitarbeitern einen Gesamtumsatz von 1.55 Milliarden Euro verbuchen.

Fielmann

Bildquelle: Vytautas Kielaitis / Shutterstock.com

Das Unternehmen wurde 1972 in Cuxhaven vom Augenoptikermeister Günther Fielmann gegründet, der aktuell als Vorstandsvorsitzender und Mehrheitsaktionär der AG fungiert. Die damals vorhandene Marktlücke bei Kassengestellen, die es in nur sehr wenigen und unattraktiven Fassungen gab, schloss das Unternehmen 1981 in Form eines Sondervertrages mit der AOK.

Anschließend bot Fielmann darauf aufbauend 90 Varianten von Metallgestellen sowie 640 Modelle aus Kunststoff an und beendete somit die Praxis der einheitlichen Kassengestelle. Im Jahre 1994 ging Fielmann an die Börse und startete ein Jahr darauf seine Expansion in die Schweiz und 1999 nach Österreich. 2015 eröffnete das Unternehmen eine erste Filiale in Italien und ist nunmehr neben Deutschland in sieben Ländern Europas vertreten.

Der Konzern bedient als Hersteller, Distributor und Einzelhändler in Personalunion die komplette Wertschöpfungskette innerhalb der Branche und baut dabei auf seine unangefochtene Stellung als Marktführer mit einem überaus dichten und stark vertretenen Filialnetz.

Das Hauptaugenmerk bei der Expansion des Unternehmens liegt daher weniger auf dem Bereich des Online-Vertriebs, sondern eher auf der Neueinrichtung und Vergrößerung bereits bestehender Geschäfte beziehungsweise dem Umzug zu attraktiveren Standorten. Allein durch die Modernisierung und Flächenausweitung erzielt Fielmann laut eigener Aussage durchschnittlich zweistellige Umsatzzuwächse.

Apollo

Die Apollo Optik Holding GmbH & Co. KG mit dem Kerngeschäft des Verkaufs von Brillen und Kontaktlinsen ist in Deutschland mit über 830 Fachgeschäften vertreten. Das 1972 in Schwabach gegründete Unternehmen gehört seit 1998 zur international agierenden Gruppe „Pearle“, aus der 2011 die „GrandVision Gesellschaft“ als einer der weltweit größten Optikkonzerne hervorging. Apollo beschäftigt derzeit etwa 3.600 Mitarbeiter und erzielte 2016 in Deutschland einen Gesamtumsatz von etwa 675 Millionen Euro.

Bildquelle: Apollo

Neben den konzerneigenen Filialen verfügt das Unternehmen zudem über ein Franchise-Konzept, das den Nehmern das komplette Warenprogramm inklusive Exklusivmarken, die hauseigene Corporate Identity sowie spezielle Einkaufskonditionen überlässt. Dabei ist jeder Betrieb zur Befolgung und Einhaltung gewisser vertraglich fixierter Standards verpflichtet, verfügt gleichzeitig jedoch über einen definierten Handlungsspielraum für eigene Verfügungen im Rahmen des Betriebsmanagements.

Apollo versucht mit seinem Onlineangebot eine Verbindung zwischen der persönlichen Beratung vor Ort und dem digitalen Bereich als vorrangigem Informationsmedium zu schaffen. Dies beinhaltet die Bestellung der Brille im Webshop und Serviceangebote wie Filialfinder, Terminvereinbarungen zu einem Sehtest, Öffnungszeiten und Hintergrundwissen zum Thema Augenoptik.

Mister Spex

Das 2007 gegründete Unternehmen aus Berlin gilt als größter Online-Optiker auf dem deutschen Markt und zählt mit seinem innovativen Vertriebskonzept zu den wegweisenden Pionieren im Bereich der Online-Vermarktung für Produkte aus der Augenoptik.

Mister Spex

Bildquelle: Mister Spex

Seit Beginn seines Bestehens versucht das Unternehmen ein einfaches und leicht nachzuvollziehendes Online-Einkaufsmodell für optische Produkte zu etablieren. Seit 2011 können Kunden als Bestandteil dieses Multi-Channel Konzeptes einen Sehtest sowie Produktanpassungen bei stationären Partnerunternehmen vor Ort durchführen lassen, wobei diese am späteren Gewinn partizipieren. Zur Zeit kooperiert Mister Spex im Rahmen dieses Multi-Channel Ansatzes mit etwa 550 Partneroptikern im deutschsprachigen Raum.

Seit 2013 forciert das Unternehmen seine internationalen Expansionspläne und übernahm vor allem in Skandinavien diverse Eyewear-Shops und Kontaktlinsenhersteller. Die Firma mit knapp 250 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von 45 Millionen Euro ist mittlerweile in elf europäischen Staaten vertreten. 2016 eröffnete das Unternehmen zudem seinen ersten lokalen Standort in Berlin mit eigenem Ladengeschäft.

Als führender Online-Anbieter versucht das Unternehmen die Schnelligkeit und Flexibilität des E-Commerce mit transparenten Beratungsangeboten und persönlichen Dienstleistungen beim lokalen Optiker zu einem gesamtheitlichen Prozess zu verbinden. Der Fokus liegt aber weiterhin eindeutig auf der Etablierung und dem Ausbau des Geschäftes im Internet.